Nähere Gestaltung der Lage
Die Feinde, die am 10. Juli 1866 vor Hammelburgs Mauern erschienen, waren - deutsche Brüder. - Dies kam so:
Die Versammlung der holsteinischen Stände in Jtzehoe war von Preußen (angeblich als dem Vertrag von Gastein zuwider) gewaltsam gehindert worden, Preußen blieb hierauf gegen den Bundesantrag vom 14. Juni, die Mobilmachung der nichtpreußischen BundesContingente betreffend, bei der Abstimmung in der Minderheit, behandelte die Zustimmung zu dem bezüglichen Bundesbeschlusse als Kriegsfall und rückte in Holstein, Sachsen und Hannover ein. Sachsen begehrte Bundeshülfe, dieselbe wurde zugesagt - der Bruderkrieg war Thatsache. -
Preußen war auf denselben durch die (seit Jahren im Widerspruch mit seiner Volksvertretung durchgeführte) Reorganisation seiner Armee, sowie durch sein Bündniß mit Jtalien trefflich vorbereitet. In richtiger Berechnung, daß, wenn es gelänge, Oesterreich niederzuwerfen, das übrige Deutschland bald überwältigt sein werde, hatte es gegen diesen bereits von der ganzenMacht Italiens angegriffenen Staat auch noch seinerseits die Hauptmacht ins Feld gestellt; die sogenannte schlesische und die Elbarmee, zusammen gegen 8 Armeekorps.
Es gelang dem Anführer der Oesterreicher, Feldzeugmeister Ritter v. Benedek, nicht, diese beiden Armeen einzeln zu schlagen. Dieselben konnten sich vereinigen, und so kam es zur Katastrophe von Sadowa. Von ihr konnte sich Oesterreich im Laufe des Krieges nicht mehr erholen.
Die numerische Uebermacht, welche Preußen in Böhmen für sich hatte, wäre auf dem westlichen Kriegstheater gegen dasselbe gewesen; wenn es gelungen wäre, die Truppen der bundestreuen Staaten rechtzeitig zu vereinigen. Außer dem 7. preußischen Armeekorps unter General Vogel v. Falkenstein (meist Soldaten aus den Rheinprovinzen) hatten hier die Preußen Anfangs nur noch jene Truppentheile zur Verfügung, die unter General-Lieutenant v. Manteuffel sich gesammelt hatten und welche die Stärke einer preußischen Division kaum überschritten zu haben scheinen. Allein den Preußen glückte es vollständig, ihre Gegner einzeln anzugreifen und so der Reihe nach über dieselben Herr zu werden.
Cassel war schon von den Preußen besetzt, noch ehe die Einberufungsschreiben an alle churhessischen Soldaten ergangen waren. Trotz ihres errungenen Sieges mußten die Hannoveraner am 29. Juni bei Langensalza kapituliren.
Bei Immelborn (2. Juli), sodann am 4. Juli bei Didorf und Roßdorf fand der erste Zusammenstoß zwischen Bayern und Preußen statt. Obwohl an letzterem Orte der Kampf eine für Bayern günstige Wendung nahm, zogen sich diese doch gegen Neustadt a/S. zurück.
Die Vereinigung der Bayern mit dem 8. Bundesarmeekorps sollte vorhergehenden Vereinbarungen gemäß in der Gegend von Fulda stattfinden. Schon durch ihren Versuch, den Hannoveranern zu Hilfe zu kommen, von diesem Zielpunkte etwas abgelenkt, entfernte dieser Rückzug sie noch mehr von demselben. Ohne Verzug ward dieses von Falkenstein benützt, er zog rasch die Division Beyer an sich und warf seine Truppen durch einen sehr anstrengenden Flankenmarsch nach Fulda zwischen das 7. und 8. Armeekorps.
Um die vereitelte Vereinigung leichter bewerkstelligen zu können, war von Seite der Bayern das Reserve-Cavalleriekorps dorthin dirigirt worden. Es gelangte glücklich bis nach Hünfeld; hier stieß es unerwartet auf überlegene, zu seinem Empfange trefflich placirte Streitkräfte der Preußen. Einige Schüsse und die bayer. Reiterei machte Kehrt, wobei sich bekanntlich ein kleiner Theil derselben einer panischen Flucht hingab. Sie hatten weder Infanterie noch Artillerie bei sich. Auch von dem über den Vogelsberg einrückenden 8. Armeekorps hatten sie keine Bedeckung erhalten, sie sahen sich von allen Seiten exponirt und manche schrieen „Verrath“ ec.