Hammelburger Geschichte(n)

68. Friedrich Wilhelm Adolph Jäger, Sekondelieutenant, Alter 24 Jahre, aus Münster in Westphalen, Congestionen nach dem Kopfe, ein enragirter Preuße, wollte fast verzweifeln, daß ihn seine Krankheit hindere seinem vaterländischen Heere zu Kampf und Sieg zu folgen. Den 31. Juli 1866 reiste er von hier ab zur Mainarmee.

Vom sechsten westphälischen Infanterie-Regiment Nro. 55.

69. Heinrich Brettholl, Musketier, Alter 25 Jahre 2 Monate, Dienstzeit 2 Jahre 3 Monate, aus Tonnerheide, Kreis Lübbecke, Regierungsbezirk Minden, Augenentzündung, 1. August 1866 nach Brückenau entlassen.

Vom zweiten Posen'schen Infanterie-Regiment Nro. 19.

70. Andreas Kasimirstky, Musketier. Sein Regiment hat in Kissingen sehr große Verluste erlitten. Streiffschuß an der linken Hand, ein Pole aus Oczenboze, Kreis Wreschen, Regierungs-Bezirk Posen. Abgang nach Brückenau 1. August 1866. Wie die Polen im letzten Feldzuge allenthalben durch ihre angestammte religiöse Gesinnung hervorleuchteten so war es auch hier der Fall. Einige Tage nach dem Gefechte war Beerdigung der Gefallenen auf hiesigem Gottesacker anberaumt; auf dem Gange dahin, am oberen Thore stießen wir auf den endlofen preußischen Train, darunter der herrliche, von den Hannoveranern bei Langensalza gewonnene. „Beichten, beichten, es geht zur großen Schlacht!“ rief ein Trainsoldat und folgte mit einem Kameraden in's nächste Haus Nr. 330 ½. Der Hauseigenthümer führte uns freundlich in die oben leer stehenden Wohnzimmer der hiesigen Gendarmerie, wo die beiden feindlichen Soldaten nach Ablegung jeglicher Waffe in tiefster Andacht, auf dem Zimmerboden knieend, das heilige Sakrament der Buße empfingen.

Vom Magdeburgischen Dragoner-Regiment Nro. 6

71. Albert Hoppe, Alter 24 Jahre, Dienstzeit 3 Jahre 9 Monate, aus Starsiedel, Kreis und Regierungs-Bezirk Merseburg. Derselbe stürzte auf dem Marktplatze mit seinem Pferde und erlitt einen Bruch des linken Unterschenkels. Er wurde den 14. September 1866 nach Frankfurt a/M. weiter verbracht.

Vom westphälischen Feldartillerie-Regiment Nro. 7

72. Joseph Berkels, Kanonier, Alter 29 Jahre, Dienstzeit 8 Jahre 9 Monate, aus Forst, Kreis Kempen, Regierungs-Bezirk Düsseldorf, Quetschung des rechten Beines, 1. August 1866 nach Brückenau entlassen.

Außer den hier namentlich Verzeichneten wurden noch manche leicht verwundete und leicht kranke Preußen hier verpflegt, manche am ersten Tage in das Seelenhaus, und am zweiten Tage in das Siechenhaus aufgenommen, mußten am zweiten und dritten Tage ihre Lazarethe wieder verlassen und in Privathäusern Quartier nehmen, um Ueberfüllung zu vermeiden und schwerer Verunglückten Platz zu machen, die erst am 13. Juli Aufnahme in die hiesigen Lazarethe suchten. Siebenundzwanzig solcher leicht verwundeten Kranken wurden nach ihrer Genesung am 21. Juli von einem bayerischen Streifcommando, einer Compagnie Infanterie und einer halben Eskadron Uhlanen, die von Arnstein kamen, gefangen fortgeführt, nach Würzburg und endlich in die Festung Ingolstadt verbracht. Andere sechs, worunter auch einige aus den Lazarethen, wurden am 23. Juli von einem Zuge Uhlanen, unter dem Oberlieutenant v. Eyb, abgeholt. Die Vermuthung, daß auch nach Brückenau am Tage des Gefechtes verwundete Preußen retournirt worden seien, hat sich nicht bestätigt; daselbst kam am Tage des Gefechtes nur ein Adjutant Manteuffels an, der in einem Vorpostengefecht bei Waldfenster eine Schußwunde erhielt. Am Tage nach dem Gefechte rannten mit einigem Aufsehen mehrere Preußen durch die Straßen hiesiger Stadt: „Wo wohnt ein Pferdebesitzer? unser Hauptmann ist verwundet, wir lieben ihn wie unseren Vater und nehmen ihn mit!“ Derselbe wird wohl weiter verbracht worden sein, denn von Gemünden wurde uns berichtet, es seien dort vielleicht einige Hundert preußischer Soldaten, marode und kranke, und könnten wohl auch Verwundete dabei gewesen sein, eines verwundeten Hauptmannes erinnere man sich jedoch nicht; ebenso von Lohr, es seien da wohl viele kranke Preußen gewesen, doch nur ein verwundeter Soldat, der eben bei Lohr, in der Nähe der Eisenbahn, verwundet worden sei im Zusammenstoße der Preußen mit den Bayern. Was das Verhalten derselben als Reconcalescenten anlangt, haben wir schon gelegentlich der Aufzählung der Bayerischen Verwundeten erwähnt, daß es gleichfalls ein gutes gewesen. Einmal kam es vor, daß ein allzeit lustiger Soldat vom 39. Regimente etwas angetrunken in sein Lazareth im Seelenhause kam. Die Preußen wiesen ihn zurecht und stellten ihn förmlich zur Rede. Später wurde derselbe in das Lazareth im Bürgerspitale aufgenommen. Es ging hierauf das Gerücht im Seelenhause, er habe die Hausordnung des Spitals einmal verletzt, und sei auch dort wieder betrunken nach Hause gekommen. Wir hörten die bittersten Bemerkungen seiner Kameraden im Seelenhause darüber; zur Ehre des Betreffenden jedoch hat sich das Gerücht nach den gepflogenen Recherchen als unbegründet herausgestellt. Die Schande der wiederholten Trunkenheit blieb nicht auf ihm sitzen, und wir können sonach die Thatsache konstatiren, daß die vielen Wohlthaten, die von hiesigen Einwohnern an die beiderseiten Verwundeten gespendet wurden, nicht Unwürdigen zum Theil geworden sind.

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